25.11.22 19.30 Uhr, Universität Leipzig, Alter Senatssaal,
"Polyphonie des Lebens"
I. Ein Licht, das uns nicht kennt (2017)
Komposition: Bernd Franke, nach Gedichten Christian Lehnerts
Alice Lackner, Mezzo-Sopran (Berlin), Adumá Saxophonquartett (Berlin)
- Pause -
II. Musikalische Improvisationen über die Gefängnisgedichte Dietrich Bonhoeffers
Josef Marschall (Klavier/Wien), Lesung: Prof. Dr. Gotthard Fermor (Bonn)
III. Podiumsgespräch: Auf den Spuren des Numinosen in komponierter und improvisierter Musik
Prof. Dr. Dr. Sieroka, Bernd Franke, Prof. Dr. Gotthard Fermor, u.a; Moderation: Dr. Christian Lehnert,
Leiter Liturgiewissenschaftliches Institut der VELKD bei der Universität Leipzig
PODIUMSNACH(T)GESPRÄCH
Das Numinose umkreist der Dichter Christian Lehnert oftmals mit Worten, die auf Licht und Wellen verweisen, schwer fassbare, sich stetig wandelnde und doch körperlich bewegende Phänomene, so wie die Musik.
Licht im übertragenen Sinne waren die Erinnerungen Dietrich Bonhoeffers an seine Erfahrungen durch Musik, die ihn in seiner Haftzeit als "Gute Mächte" im Alltag und in theologischen Reflektionen begleiteten und inspirierten.
Welche Rolle spielt die komponierte oder improvisierte Musik wenn sie sprachlichen Spuren des Religiösen Worte vertont, wie verwandelt sie die Bedeutungsebenen der Worte, und können musikalische Elemente selber rituelle Kräfte entfalten?
Ein Licht, das uns nicht kennt
Dies Werk des Leipziger Komponisten Bernd Franke, entstand für das Raschèr Saxophon Quartett sowie für die Mezzosopranistin Christina Bock. Die Musikwissenschaftlerin Gisela Nauck schrieb über Franke: »Sein klanglich-dramaturgisches Komponieren zielt auf eine dem Hören unmittelbar erfassbare musikalische Sprache, ohne deshalb in Einfachheit oder Neoromantizismen zu verfallen. Im Gegenteil: Fasslichkeit und Differenzierung (klanglich wie auch strukturell) sind die Pole ein und desselben Anliegens: eine Musik zu schreiben, die kommunikativ ist auch ohne das verschämte Fortschleppen verbindlicher Konventionalismen. Kompositorisch beeinflusst haben ihn dabei Witold Lutosławski, John Cage und Morton Feldman. In dieser Entwicklung gibt es kleinere und größere Stufen, vor allem verursacht durch die Beschäftigung mit anderen Komponisten und besonders auch mit Malern wie Chagall, Goya, Dürer, WOLS, Pousette-Dart, Erich Hauser und vor allem Joseph Beuys.« Frankes Nähe zur Bildenden Kunst mag seine Vorliebe für Raummusiken erklären, bei denen der reale Raum gegenüber der kompositorischen Werkgestalt seine Neutralität verliert . iwe es auch auf vielfältige Weise bei "Ein Licht das uns nicht kennt" der Fall ist.
www.berndfranke.de
Bonhoeffer als Dichter und Musiktheologe
Von April 1943 bis Januar 1945 ist der Theologe Dietrich Bonhoeffer aufgrund seiner Verbindungen zum Widerstand in Berlin inhaftiert. Die Not, die Unsicherheit und die Einsamkeit der Haft verändern ihn tief: Die Briefe aus dieser Zeit zeigen, wie er schonungslos existentielle und radikale Fragen stellt. Das, was ihn zutiefst bewegt, bricht sich – zu seiner eigenen Überraschung – auch in Gedichten eine Bahn, von denen "Von guten Mächten ..." das berühmteste ist.
Die als Buch und CD erschiene musikalische Lesung dieser Texte von Gotthard Fermor und Josef Marschall bringt alle 10 Gefängnisgedichte Bonhoeffers völlig neu nahe. Sie verbindet und vertieft das Hörerlebnis durch die Musik Josef Marschalls, der die Themen der von Bonhoeffer besonders geliebten und in seinen Gefängnisbriefen erwähnten Musikstücke aufnimmt und sie in unnachahmlicher Weise improvisiert.
Adumá
ist ein klassisches Saxophonquartett aus Berlin, das international besetzt ist. Ausgestattet mit kulturellen Hintergründen aus Deutschland, Russland und China entwickeln sie gemeinsam spannende und vielfältige Programme. Ihr Repertoire reicht von Bearbeitungen barocker Musik bis zu Originalkompositionen der Gegenwart und schließt Kompositionen der Klassik und Romantik mit ein. Die SaxophonistInnen studierten u. a. an der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ Berlin, der Universität der Künste Berlin, der Hochschule für Musik und Theater Hannover und dem Mozarteum Salzburg und gewannen in unterschiedlichen Kammermusikbesetzungen und solistisch Preise bei nationalen und internationalen Wettbewerben. Seit dem Jahr 2019 arbeitet Adumá verstärkt mit Komponisten und anderen Instrumentalisten zusammen. Daraus entstand die Debüt-CD "Ein Rot tönt den Raum", erschienen unter dem Label „kreuzberg records“. Die CD wurde mit dem Caspar-David-Friedrich-Stipendium des Landes Mecklenburg-Vorpommern gefördert und enthält zeitgenössische Werke, die eigens für das Quartett komponiert wurden. 2021 folgte das Projekt INVISIBLE.TOUCH#THE#SOUND, in dem die vier Saxophonisten gemeinsam mit dem Thereministen Grégoire Blanc aus Paris fünf neue Kompositionen für Saxophonquartett und Theremin vorstellen. Das Projekt wird vom Hauptstadtkulturfonds und dem Kulturfonds Frankfurt RheinMain gefördert.www.aduma-quartett.de
Alice Lackner
ist als Opern-, Konzert- und Liedsängerin international tätig. Die gebürtige Münchnerin studierte von 2010 bis 2015 in der Klasse von Frau Prof. Kunz-Eisenlohr an der HfMT Köln/Aachen und ergänzte ihre Ausbildung durch Meisterkurse und Privatunterrichte u.a. bei Brigitte Fassbaender, Gerd Uecker, Robert Holl, Ulrich Eisenlohr und Sami Kustaloglu. Sie ist Stipendiatin der Studienstiftung des deutschen Volkes und Preisträgerin der Wettbewerbe “cantatebach!” in Greifswald (2017), der Kammeroper Schloss Rheinsberg (2019), sowie zweifache Preisträgerin des “Podium junger Gesangssolisten” (Essen 2015 und Erfurt 2021).
Eine enge Zusammenarbeit verbindet Alice Lackner mit dem Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin und dessen Chefdirigenten Vladimir Jurowski, beispielsweise 2019 beim Musikfest Berlin und beim George-Enescu-Festival Bukarest, 2020 im Konzerthaus Berlin, sowie 2021 in der Berliner Philharmonie (übertragen von ARTE Concert). Seit 2020 arbeitet Alice Lackner regelmäßig mit der lautten compagney unter Wolfgang Katschner in Berlin zusammen. Alice Lackner sang außerdem mit Orchestern wie dem Konzerthausorchester Berlin, dem Russischen Staatsorchester Kaliningrad, dem Brandenburgischen Staatsorchester Frankfurt (Oder), dem Sinfonieorchester Aachen, sowie mit Barockorchestern wie L‘Orfeo, La Banda, Concerto Theresia, Stiftsbarock Stuttgart und mit le buisson prospérant.
Alice Lackner gastiert neben ihrer solistischen Tätigkeit in diversen professionellen Vokalensembles wie dem Solistenensemble Stimmkunst Stuttgart, dem RIAS Kammerchor, dem Chor des Bayerischen Rundfunks, dem SWR Vokalensemble, dem Berliner Rundfunkchor und dem NDR Chor. Zudem gründete sie im Jahr 2019 zusammen mit Katharina Heiligtag und Anna-Luise Oppelt das Trio meZZZovoce, welches sich einem breiten Repertoire von a-capella Musik der Renaissance bis hin zur minimal music widmet.
Alice Lackner ist außerdem studierte Soziologin (M.A.) und als solche am ZOiS (Zentrum für Osteuropa- und internationale Studien Berlin) wissenschaftlich tätig. Im Jahr 2019 realisierte sie gemeinsam mit dem Londoner Fotokünstler Mark Neville ein Projekt über die Ukraine, in welchem die politische Situation der Ukraine künstlerisch erarbeitet wurde. www.alicelackner.de